Agnes Cameron

Graduate Student, Massachusetts Institute of Technology (MIT)

DE

Agnes Cameron is a graduate student at MIT’s Media Lab, working as a research assistant in the Viral Communications Group. Her research interests lie in the creation of local and heterogeneous forms of network, the decentralized Internet, and networked community organizing and infrastructure. She holds a MEng in Information and Computer Engineering from the University of Cambridge, where she did work on slime molds, robotics, and self-organizing systems. The paper presented is co-authored by Kalli Retzepi, Sam Ghantous, and Gary Zhexi Zhang.

Internet as City, Network as Craft: Questions of Utopia in the Age of Decentralization

The initial vision of the Internet captured a utopian imagination: a playground, a free society, a cybernetic ideal democratically built and universally accessible. In 2019, the promise of this utopia has all but evaporated, dominated by a handful of digital corporations whose platforms blur the line between commercial services and social design. Today’s platform capitalism appropriates the language of sharing and cooperation to decentralize proprietary services, distributing labor while centralizing control. What next? Decentralization has become widely accepted as a vision of the Internet’s more hopeful future, a return to our original intentions, a chance to harness contemporary technologies to undo our societal missteps. Aptly, perhaps, the decentralization movement is united around countless competing motivations. It is often noted that the people in charge of designing this “brave new Internet” look almost identical to those who designed the old one: white, male, and religiously convinced of the importance of their project. The cryptocurrency white paper has become the new manifesto. There is a tendency to assume that politics can be made executable, a governmental Triadic Ballet where a system’s mathematical rationality assures harmonious society. As the technological imaginary moves from distributed networks of communication toward decentralized bodies, cities, and societies, what does it mean to design for the parts over the whole, to govern from the individual over the collective, to prioritize building the platform over society? By foregrounding ideas of locality—heterotopia, situation, memory, labor—I propose to address the future Internet as a city: inhomogeneous, chimeric, and subject to polymorphous forms of influence, governance, and control. The future Internet must emanate from many points. Much as one should be suspicious of “urban solutions,” so the blithely utilitarian focus of decentralizing technologies should also be interrogated. The future Internet is not a solution but a protean landscape, a feedback loop between the systems we inhabit, the systems we build, and the systems we think ourselves to be.

Agnes Cameron

Graduate Student, Massachusetts Institute of Technology (MIT)

EN

Agnes Cameron ist Studentin im Aufbaustudium im Media Lab des MIT und arbeitet als Forschungsassistentin in der Viral Communications Group. Ihre Forschungsinteressen liegen in der Bildung lokaler und heterogener Formen von Netzwerken, dem dezentralisierten Internet sowie der Organisation und Infrastruktur vernetzter Gemeinschaften. Sie hat einen Abschluss als MEng in Informatik und Computertechnik der University of Cambridge, wo sie an Schleimpilzen, Robotik und selbstorganisierenden Systemen arbeitete. Die vorliegende Arbeit wurde von Kalli Retzepi, Sam Ghantous und Gary Zhexi Zhang mitverfasst.

Das Internet als Stadt, Netzwerk und Handwerk: Fragen von Utopie im Zeitalter der Dezentralisierung

In seiner ursprünglichen Vorstellung beflügelte das Internet eine utopische Vorstellung: ein Spielplatz, eine freie Gesellschaft, ein kybernetisches Ideal, demokratisch aufgebaut und allgemein zugänglich. Im Jahr 2019 hat sich das Versprechen dieser Utopie nahezu verflüchtigt, dominiert von einer Handvoll digitaler Unternehmen, deren Plattformen die Grenze zwischen kommerziellen Dienstleistungen und sozialer Gestaltung verschwimmen lassen. Der heutige Plattform-Kapitalismus bemächtigt sich der Sprache des Teilens und der Zusammenarbeit für eine Dezentralisierung eigener Leistungen, unter Aufteilung der Arbeit bei gleichzeitiger Zentralisierung der Kontrolle. Was kommt als Nächstes? Dezentralisierung hat sich inzwischen als Vision einer hoffnungsvolleren Zukunft des Internets durchgesetzt, als Rückkehr zu unseren ursprünglichen Absichten, als Chance, zeitgemäße Technologien dazu zu nutzen, unsere gesellschaftlichen Fehltritte rückgängig zu machen. Es ist vielleicht sinnig, dass die Dezentralisierungsbewegung von zahllosen miteinander konkurrierenden Motivationen zusammengehalten wird. Oft zeigt es sich, dass die Leute, die für die Gestaltung dieses ‚schönen neuen Internets‘ verantwortlich sind, praktisch identisch mit denjenigen sind, die das alte Internet gestaltet haben: weiß, männlich und religiös von der Wichtigkeit ihres Projekts überzeugt. Das Whitepaper der Kryptowährung ist das neue Manifest. Wir tendieren zu der Annahme, dass Politik umsetzbar gemacht werden kann, ein staatliches Triadisches Ballet, bei dem die mathematische Rationalität eines Systems eine harmonische Gesellschaft gewährleistet. Mit der Bewegung des technologisch Imaginären weg von verteilten Kommunikationsnetzwerken hin zu dezentralisierten Stellen, Städten und Gesellschaften, was bedeutet es dann, die Teile über das Ganze hinweg zu entwerfen, vom Einzelnen aus über das Kollektiv hinweg zu regeln, die Plattform über die Gesellschaft hinweg zu bauen? Indem Begriffe der Lokalität — Heterotopie, Situation, Erinnerung, Arbeit — in den Vordergrund gestellt werden, schlage ich vor, sich mit dem künftigen Internet als Stadt zu befassen: inhomogen, chimär, polymorphen Formen von Einfluss, Steuerung und Kontrolle unterworfen. Das Internet der Zukunft muss von vielen Punkten ausgehen. So sehr man ‘urbanen Lösungen misstrauen sollte, so sehr sollte auch der unbeschwert utilitaristische Fokus auf Technologien der Dezentralisierung in Frage gestellt werden. Das Internet der Zukunft ist keine Lösung, sondern eine vielgestaltige Landschaft, eine Rückkopplungsschleife zwischen den Systemen, die wir bewohnen, den Systemen, die wir bauen und den Systemen, für die wir uns selbst halten.